Podiumsdiskussion, 6. September 2017

Fünf Punkte für bessere Bauprojekte

Klarere Zahlungsmodalitäten bei öffentlichen Bauprojekten sollen Qualität erhöhen und Kosten senken

 

Was viele nicht wissen: Vorauszahlungen sind bei der Stadt Wien schon möglich – mehr dazu in den „Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen“ (WD 313) – Hier gehts zum PDF

 

Im Rahmen eines 5-Punkte-Katalogs präsentieren der Verband der Ziviltechniker- und Ingenieurbetriebe (VZI), der Fachverband Ingenieurbüros der Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen ein Alternativprogramm zu den bestehenden Zahlungsmodalitäten für Baudienstleistungen öffentlicher Auftraggeber in Österreich. Unter dem Motto „Bessere Bauprojekte durch klare Zahlungsmodalitäten“ soll das mit der Rechtsanwaltskanzlei Pflaum Karlberger Wiener Opetnik entwickelte Programm dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros bei öffentlichen Bauprojekten zu verbessern, die Qualität der Planungsleistungen und der Bauvorhaben zu steigern sowie die Kosten für die öffentliche Hand zu senken.

Bei Aufträgen für Baudienstleistungen öffentlicher Bauprojekte ist es in Österreich üblich, dass Honorare erst nach vollendeter Durchführung des Auftrags bezahlt werden. Teilzahlungen während des Projektes werden zwar erbracht, finden jedoch erst nach vollständiger Teil-Leistungserbringung statt. Dies bedeutet teils langfristige Vorfinanzierungen von Personal und sonstigen Ressourcen durch Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros.

 

Zum Projektende komme es zudem oftmals zu weiteren Verzögerungen, die das Zahlungsziel nochmals hinausziehen würden. Und darunter leide nicht nur der betroffene Dienstleister, sondern auch die Qualität der Bauprojekte und letztlich auch das Budget der öffentlichen Hand, führt Andreas Gobiet, Präsident des VZI, aus.

 

Bankgarantien sollen Akontozahlungen ermöglichen

 

Schon aufgrund eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern sei es daher für die öffentliche Hand Pflicht, sich mit Alternativmodellen, wie sie zum Beispiel von Internationalen Finanzierungsinstituten (IFIS) oder auch im skandinavischen Raum angewendet werden, auseinander zu setzen: „Mit Hilfe einer Sicherstellung durch die Auftragnehmer in Form einer Bankgarantie wären Vorauszahlungen auch für die öffentliche Hand möglich“, ist Gobiet überzeugt. „Das wäre eine Win-Win-Situation für Auftragnehmer und Auftraggeber. Es macht den Umgang mit jährlich zu vergebenden Budgets für die öffentliche Hand leichter, erhöht die Liquidität und Bonität von Unternehmen und stärkt damit den Wirtschaftsstandort Österreich.“

 

Bei der Stadt Wien sei dies bereits jetzt möglich, führt Werner Schuster von der Magistratsdirektion der Stadt Wien aus. So findet sich die Option für Vorauszahlungen mit Sicherstellung in Form einer Bankgarantie in den „Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen“/WD 313. „Wir vergeben pro Jahr zwischen 10 und 15 Millionen Euro Auftragssumme an Planungsleistungen. Es zahlt sich aus, die Vertragsbestimmungen zu lesen und dies bei Verträgen mit vergebenden Dienststellen entsprechend einzubringen“, empfiehlt Werner Schuster.


Natürlich müsse man sich das durchrechnen, denn auch Bankgarantien seien nicht umsonst, ergänzt Friedrich Müller-Uri, Präsident des Fachverbands der Ingenieurbüros. Das wichtigste seien die einander gegenüberstehenden Personen auf Auftraggeber- und Auftragnehmerseite. Bankgarantien als Absicherung von Leistungen und Zahlungsverpflichtungen könnten aber einen wertvollen Beitrag zu einem ausgeglichenen Auftraggeber- und Auftragnehmerverhältnis leisten. „Aus unserer Sicht hat die Zahlungsmoral von Bund und Ländern in den letzten Jahren eher zugenommen. Trotzdem: Kurz vor dem Zahlungsziel Nachforderungen einzubringen, so wie es jetzt teilweise praktiziert wird, ist natürlich nicht die feine Art und entspricht sicher nicht einer fairen Kultur auf Augenhöhe. Bankgarantien könnten die Akzeptanz von Rechnungen erhöhen“, so Müller-Uri.

 

Behauptete Mängel zum gegenwärtigen Zeitpunkt prüfbar darstellen

 

Eine weitere Herausforderung stellt die Zurückbehaltung des Werklohns während eines laufenden Vertragsverhältnisses dar. Dies ist derzeit seitens des Auftraggebers ohne konkrete Nennung und prüfbare Darstellung von zu diesem Zeitpunkt behaupteten Mängeln möglich.

 

„Der Auftraggeber sollte verpflichtet werden, den behaupteten Schaden oder Mangel so konkret darzustellen, dass dieser für die Auftragnehmer und deren Haftpflichtversicherungen prüfbar ist. Bloß pro forma behauptete Mängel sollen nicht zur Zurückbehaltung berechtigen“, betont Christian Aulinger, Präsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen. Wenn Auftraggeber vereinbarte Zahlungen zurückhalten, ohne einen konkreten Mangel oder Schaden zu behaupten, sollte Auftragnehmern das Leistungseinstellungsrecht eingeräumt werden.

 

Was konkret und prüfbar ist, müsse aber von Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam im Vorfeld festgelegt werden, betont in diesem Zusammenhang Claudius Weingrill von der Bundesimmobiliengesellschaft. Weingrill: „Im Gegensatz zum Mangel, den ein Bauunternehmer auf einer Baustelle erwirkt, der dann durch einen Sachverständigen klar bewertet wird, ist das bei Dienstleistungen nicht so einfach möglich. Hier braucht es eine klare Prozess- und Organisationsstruktur, aus unserer Sicht ist das auch ein Thema für Versicherungen.“

 

Sicherstellung des Honorars könnte Bonität von Auftragnehmern erhöhen

 

Die Liquidität von öffentlichen Unternehmen und Gebietskörperschaften wird per se nicht in Frage gestellt. Dennoch könnte die Sicherstellung des Honorars von öffentlichen Auftraggebern zur Steigerung der Bonität von Auftragnehmern beitragen. Demzufolge wird die Ausweitung des § 1170b ABGB „Sicherstellung bei Bauverträgen“ auf öffentliche Unternehmen als sinnvolle Maßnahme erachtet, die nicht nur positive Effekte auf das beteiligte Unternehmen hätte, sondern insgesamt zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen würde.

 

Schaffung der Antragslegitimation von Interessensvertretungen

 

Um öffentliche Ausschreibungen für Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros kalkulierbar zu machen, ist es unumgänglich, dass die Ausschreibungsunterlagen öffentlicher Auftraggeber fair und ausgewogen gestaltet werden, sodass nicht vorhersehbare Risiken vermieden werden. Um dieses Ziel effizient umzusetzen, sollte es nicht nur den Unternehmen und interessierten Teilnehmern, sondern auch Interessensvertretungen möglich werden, gegen Ausschreibungen der öffentlichen Hand vorzugehen.

 

Dazu Petra Rindler, Partnerin der Rechtsanwaltskanzlei Pflaum Karlberger Wiener Opetnik: „Teilnehmende Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros zögern oftmals, Ausschreibungsbedingungen im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen zu bekämpfen, um nicht schon vor einer Auftragserteilung einen Rechtsstreit mit dem potentiellen zukünftigen Auftraggeber austragen zu müssen. Für eine effiziente Überprüfung der Ausschreibungsunterlagen wäre es daher geradezu eine notwendige Voraussetzung, dass nicht nur die einzelnen an einem Auftrag Interessierten, sondern darüber hinaus auch deren Interessensvertretungen berechtigt sind, die Ausschreibungsunterlagen anzufechten.“

 

Das 5-Punkte-Programm im Überblick

 

  1. Klare Zahlungsmodalitäten:
    kurze, angemessene Teilzahlungen (2-wöchentlich oder monatlich), kurze Zahlungsziele (10 oder 14 Tage), im besten Fall Akontozahlung gegen Sicherstellung durch die Auftragnehmer in Form einer Bankgarantie (z.B. 20 Prozent des Auftrages).

 

  1. Verbot bzw. Einschränkung der Zurückhaltung des Werklohns (§ 1052 ABGB):
    Während des laufenden Vertragsverhältnisses darf der Werklohn nicht unter Berufung auf bloße pro forma Begründungen zurückgehalten werden. Behauptete Mängel müssen zum Zeitpunkt der Zurückhaltung konkretisiert und prüfbar dargestellt werden.
  2. Leistungseinstellungsrecht für Auftragnehmer:
    Die Auftragnehmer können die Leistungen einstellen, wenn der Werklohn zurückgehalten wird, ohne dass konkreter Mangel oder Schaden behauptet wurde.

 

  1. Ausweitung des § 1170b ABGB auf öffentliche Unternehmen:
    Eine Sicherstellung in Höhe von 20 Prozent des ausstehenden Honorars trägt zur Steigerung der Bonität von Auftragnehmern bei und stärkt damit den Wirtschaftsstandort Österreich.

 

  1. Schaffung der Antragslegitimation von Interessensvertretungen:
    Um Ausschreibungsunterlagen zu optimieren und evtl. Rechtswidrigkeiten zu vermeiden, soll es nicht nur den bewerbenden Unternehmen und interessierten Teilnehmern, sondern auch Interessensvertretungen möglich werden, gegen Ausschreibungen der öffentlichen Hand vorzugehen.